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Aszitesraute

Die Aszitesraute / Der Aszitesdrache

Eine über 2000 Jahre alte Geschichte,
die es beinahe in die heutige medizinische Literatur geschafft hätte…

 

 والاستسقاء والتشخيص
 

Rjadad von Alexandria
Schon im dritten Jahrhundert v. Chr. wurden in Ägypten Versuche unternommen, den Aszites zu diagnostizieren und zu therapieren. Den Gelehrten fielen bei Mumifizierungen auf, dass einige der anscheinend adipösen Patienten unverhältnismäßig viel Flüssigkeit in der Bauchhöhle vorwiesen. Ein Zusammenhang mit einer Erkrankung der Leber war damals noch nicht bekannt. Es wurden zwar offensichtliche Veränderungen an der Beschaffenheit der Leber festgestellt, diese wurden jedoch nicht damit in Zusammenhang gebracht. Rjadad von Alexandria setzte sich das Ziel, diese Patienten schon zu Lebzeiten zu erkennen, durch eine Punktion mit einem „djades“ (ein dünner offener Zylinder mit scharfer Klinge) zu entlasten und sie von den Leiden der Wassersucht zu befreien.





In Ägypten um 200v. Chr. ging man zunächst davon aus, dass es sich bei Aszites um "Darmwasser" handelt, das in die Bauchhöhle sickert. Durch Hineinblasen in ein "shazad", ein aus Bambus gefertigter Hohlzylinder, gelang der Nachweis von "Darmwasser", falls ein blubberndes Geräusch entsteht.



In seinem „schesau“, einer Art Fachbuch über die Erkrankungen des Bauches beschreibt Rjadad zum einen die Technik der Aszitespunktion, zum anderen erwähnt er dort erstmalig die Aszitesraute (mathematisch betrachtet handelt es sich eher um die Figur eines Drachen) und stellte folgende Überlegungen an, um Wassersucht und Fettsucht  zu differenzieren.



Frustrane Aszitespunktion. Anfänglich wählte man eine Punktionsstelle im oberen Abdomen. Entleerte sich kein Aszites, wurde eine Inzision durchgeführt, die manchmal auch tödlich endete

       

Verglichen mit der Schemazeichnung (links) und einem Patienten mit ausgeprägten Aszites (rechts) ist zum einen der Abstand der roten Punkte größer, der Winkel an der unteren grünen Markierung kleiner. Rjadad von Alexandria gab zum einen vor, dass der Winkel "a" zwischen 70° und 130°sein sollte und der Abstand zwischen den roten Markierungen sollte mindestens ein "Djeser" (ca 30 cm) betragen, weil ansonsten eine Bauchwassersucht nicht anzunehmen sei.




  



Liegen die beiden o.g. Voraussetzungen vor, entwickelte Rjadad von Alexandria folgende Formel zur Bestimmung der Aszitesmenge

V = A * h * cos(150-a) * 0,28
Dabei ist A die Fläche der Raute/des Drachen ½* e * f
a ist der Winkel der Raute am Os pubis
h ist die maximale Höhe des Bauchs in Rückenlage

 

Eine heutige Betrachtung dieser Formel lässt schnell erkennen, dass diese viel zu ungenau ist und zur damaligen Zeit viele Patienten unerträgliche Schmerzen unnötig ertragen mussten.

 

 

Wallfried von Arlon
Im 8. Jahrhundert n. Chr (also in den Frühzeiten der klösterlichen Medizin) wurde erstmalig vom Benediktinermönch Wallfried von Arlon das Undulationsphänomen beschrieben, so wie es heute in der klinsichen Untersuchung noch angewandt wird. Bei einem Anstoßen der einen Seite des Bauchs tastet man auf der gegenüberliegenden Seite eine fortgeleitete Welle.





Wallfried von Arlon auf seinem Denkstuhl



In der Medizinliteratur bis 1947 findet man keine Zusammenhänge zwischen positivem Undulationsphänomen und der Aszitesraute

  

Thomas Mogdalen
Inspiriert durch die Schriften aus dem alten Ägypten versuchte der aus Norwegen stammende amerikanische Arzt und Medizinhistoriker Thomas Mogdalen, ein junger Mitarbeiter von Harry Le Veen, diese Formel zu verbessern, um so das Aszitesvolumen bei Patienten mit positivem Undulationsphänomen zu bestimmen und die Patienten herauszufiltern, die „sicher“, d.h. ohne die Gefahr einer Fehlpunktion behandelt werden können.




Dazu wurde zunächst der Minimalwert für Winkel a nach oben korrigiert (mindestens 80°) und die Cholinesterase, ein „Marker“ für die Syntheseleistung der Leber berücksichtigt.


V = A * h * cos(150-a) * (6 - log (CHE)) * Ɯ

A = ½*e*f (Angaben in cm)
CHE = Cholinesterase in U/l
Ɯ = Mogdalenfaktor [l/U] (0,082 ♂, 0,086 ♀), ausgesprochen "mo'e"

 

 

Für Werte über 2000 ml sollte eine Aszitespunktion gefahrlos durchgeführt werden können. In einer kleinen Versuchsreihe mit ingesamt 54 Patienten mit einem Volumen über 2000 ml, zeigten jedoch nur 45 einen Aszites - trotz positivem Undulationszeichen. Bei 3 der 9 falsch diagnostizierten entwickelte sich nach Punktion des Darmes eine Sepsis, die bei allen drei letal endete.

Nach Einführen der Abdomensonographie unternahm Mogdalen weitere Versuche zur Verbesserung der Gleichung, u.a. unter Berücksichtigung von Alter, Quickwert (einem Wert für die Blutgerinnung, die bei Leberzirrhose beeinträchtigt ist) und der GPT (ein weiteres Leberenzym). Die Bestimmung der Aszitesmenge wurde damit zwar genauer aber auch komplizierter, so dass sie für den klinischen Alltag keine Relevanz hatte.

 Die Aszitesraute und Mogdalens Formel wurden – obwohl niemals Studien veröffentlicht - erstmals in den Lehrbüchern der frühen 60er Jahre erwähnt, verschwanden aber 1978 aus der Literatur.

 

Hier noch ein Auszug aus Mogdalens Lebenslauf:

1931 geboren in Hartford (Connecticut, USA) als Sohn norwegischer Emigranten

1947-1953 Studium der Medizin und der Geschichte in Boston

1953-1958 Weiterbildung zum Abdominalchirurgen, u.a. bei LeVeen

1956 Erste Formel zur Aszitesberechnung

1958 Modifizierte Formel zur Aszitesberechnung

1964: Nach nur 12-jähriger Tätigkeit als Arzt kehrt Mogdalen der chrirurgischen Medizin den Rücken und arbeitet am Medizinhistorischen Institut der Universität in Bracelyn

1972: Mogdalen untersucht die Arbeiten Heimlichs zur EKG-Gabel und erklärt ihn zu einem „der bedeutensten Elektrophysiologen“ der Jahrhundertwende. In seinem Buch „The Wrongly Scolded“ (Die zu unrecht Gescholtenen) rechnet er böse mit den Kritikern Heimlichs ab

1979: Mittlerweile im Ruhestand verlässt Mogdalen die USA nach Norwegen. Er wohnt seitdem mit seiner Frau in einem kleinen Ort in der Nähe von Bergen

 

 

Stets auf der Höhe der Zeit:  
   
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